Attosekunden-Plasmonik an metallischen Nanostrukturen
Die Plasmonik hat sich in den letzten Jahren zu einer wichtigen Disziplin der Physik entwickelt, da sie unter anderem neue Möglichkeiten zur Kontrolle und Manipulation von Licht auf längenskalen weit unterhalb der Wellenlänge eröffnet.
Unter einem Plasmon versteht man eine quantisierte Dichteschwankung des Elektronengases im Metall. Diese Schwingungen können im Festkörper oder auch nur entlang dessen Oberfläche propagieren, wobei letztere Variante als Oberflächenplasmon bezeichnet wird. Ist die Ausbreitung nicht nur auf die Oberfläche beschränkt, sondern auch in den anderen Raumrichtungen, so spricht man von einem Teilchenplasmon. Diese können in metallischen Nanostrukturen angeregt werden, die aufgrund ihrer geringen Größe die Propagation einschränken.
In unserer Arbeitsgruppe erzeugen und untersuchen wir sowohl Oberflächen- als auch Teilchenplasmonen in Mikro- und Nanostrukturen. Zur anwendungsspezifischen Herstellung der Strukturen nutzen wir verschiedene Techniken, die eine Auflösung von wenigen Nanometern gewährleisten. Mit der Ausstattung in unserem Ultrakurzzeit-Plasmoniklabor können wir in einzelnen Nanostrukturen Plasmonen mit ultrakurzen Impulsen über ein breites Spektrum optisch intensiv anregen und charakterisieren. Es stellt sich heraus, dass die Nanostrukturierung nicht nur die Manipulation von Licht auf kürzesten räumlichen Skalen erlaubt: Auch die zeitliche Antwort plasmonischer Bauelemente kann maßgeschneidert werden und zwar bis in den Attosekunden-Bereich, das heisst kürzer als eine Schwingungsperiode des Lichtfeldes [2, 4].
Nichtlineare Optik an metallischen Nanoantennen
Eine Möglichkeit für die Übertragung elektromagnetischer Strahlung im Radiofrequenzbereich stellt das Senden und Empfangen mittels Antennen dar, deren Abmessungen in der Größenordnung der Wellenlänge liegen. Die Skalierung des Antennenkonzepts hin zum sichtbaren und nahinfraroten Spektralbereich mit Wellenlängen zwischen 400 nm und 2 µm wurde daher erst in den letzten Jahren ermöglicht, im Zuge der hochauflösenden Nanostrukturierung. Optische Antennen eignen sich ebenso wie ihr Gegenstück im Radiofrequenzbereich zur Konversion frei propagierender elektromagnetischer Strahlung in lokalisierte Energie und umgekehrt. Mit ihnen kann Licht auf Dimensionen kleiner als die Wellenlänge kontrolliert werden. Damit erweitern sie die beugungsbegrenzten Möglichkeiten zur Lichtmanipulation herkömmlicher Freistrahl-Optik aus Linsen, Spiegeln und ähnlichem enorm. Die Nahfeldüberhöhung, die man an optischen Antennen erzeugen kann, wird außerdem zur verbesserten Licht-Materie-Wechselwirkung eingesetzt. Dies geht beispielsweise mit Hybridsystemen, wo Quantenemitter an Antennen gekoppelt werden. Auch die nichtlineare optische Antwort optischer Antennen birgt ein großes Anwendungspotential.
Herstellung und Charakterisierung metallischer Nanoantennen
Wir nutzen vornehmlich die Technik der Elektronenstrahllithographie, um metallische Strukturen mit Abmessungen im Nanometerbereich herzustellen. Dies gestattet es uns, eine große Vielfalt verschiedener Geometrien in kurzer Zeit und mit einer Präzision von wenigen Nanometern zu produzieren.
In Abbildung 1a) bis e) sind elektonenmikroskopische Aufnahmen einiger Strukturen dargestellt. Die weiteren Teilbilder zeigen die plasmonischen Moden, die sich jeweils ausbilden für horizontale (f) bis k)) beziehungsweise vertikale (l) bis p)) Polarisation des anregenden Lichts. Die Gruppe von Ulrich Hohenester an der Universität Graz hat im Rahmen einer Kooperation mit uns die zu erwartenden Moden per Boundary Element Method simuliert (i) bis x)).
Eine weitere Herstellungsmethode basiert auf kolloidalen Masken aus Polystyrolkügelchen, auf die Gold aufgedampft wird [1]. Dabei entstehen kleine Golddreiecke, die beweglich auf dem Substrat sind. Mithilfe eines Rasterkraftmikroskops können sie verschoben werden um beispielsweise den Abstand von je zwei zu verringern und dabei die Kopplung der einzelnen Moden zu beobachten, was sich in einer Rotverschiebung der Resonanzfrequenz bemerkbar macht [1].
Optischer Aufbau zur nichtlinearen Spektroskopie einzelner Nanoantennen
Zur optischen Anregung von Plasmonen in einzelnen metallischen Nanoantennen nutzen wir ein Erbium-dotiertes Femtosekunden-Faserlasersystem (Abbildung 2a)), welches mit Hilfe eines Kompressionsaufbaus ultrakurze Lichtimpulse generiert. Bei einer Repetitionsrate von 40 MHz erhalten wir eine Abstimmbarkeit der nahinfraroten Impulse von über einer Oktave (0,9 bis 2,1 µm Zentralwellenlänge), was die resonante Anregung von Antennen über ein breites Spektrum von Plasmonresonanzen ermöglicht. Nutzt man den dispersiven Anteil des Spektrums, ergeben sich Impulsdauern von nur 7,8 fs, was knapp über dem Bandbreitelimit liegt. Mit dem gesamten Spektrum kann man zudem die Erzeugung einer einzelnen Lichtschwingung demonstrieren [3].
Die Laserimpulse werden quasi dispersionsfrei in ein inverses Mikroskop eingekoppelt und auf eine einzelne Antenne fokussiert (Abbildung 2b). Anschließend kann das Signal spektral aufgeschlüsselt mit einer CCD Kamera oder einer Lawinenphotodiode detektiert werden (Abbildung 2c).
Mit diesem Aufbau kann man nun einzelne Nanoantennen auf ihre lineare und nichtlineare Antwort hin untersuchen. Dies gelingt bei räumlich wie auch zeitlich hoher Auflösung. Die ausgeprägten nichtlinearen Effekte kommen durch die Feldüberhöhung und die große nichtlineare Suszeptibilität dritter Ordnung von Au zustande. Die Erzeugung der dritten Harmonischen liefert ein intensives Signal, das mit dem bloßem Auge wahrgenommen werden kann. Durchstimmen der anregenden Zentralwellenlänge im nahinfraroten Spektralbereich bewirkt eine Änderung der Farbe des emittierten Lichtes von Blauem bis Rot.
In der Zeitdomäne ist die Dephasierung der kollektiven Schwingungen des Elektronengases von Interesse. Dazu werden die Impulsdauern mittels FROG (frequency resolved optical gating) bestimmt [2]. Dies geschieht an der Antenne (Abbildung 3b und d) und zum Vergleich an der instantan reagierenden Oberfläche des nackten Substrats (Abbildung 3a und c). Aus beiden Messungen zusammen lässt sich die Dephasierungszeit und ihre Abhängigkeit von Volumen und Geometrie der Antenne ermitteln [2,4].
Herstellung von Schlitz-Nut-Nanostrukturen für die Plasmonen-Interferometrie
Um delokalisierte Oberflächenplasmonen optisch anzuregen ist es notwendig, dass die Dispersionsrelation der Photonen die der Plasmonen schneidet. Nur dann ist die Erhaltung des Wellenvektors bei der Umwandlung möglich. Man kann dies beispielsweise an einer Kante in einem sonst glatten Metallfilm erreichen. Abbildung 4a) zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines Schlitzes (Breite 100 nm) und einer Nut (Breite 200 nm) in einem Goldfilm [5]. Beleuchtet man die Nut mit einem Laser, so werden an den Kanten Oberflächenplasmonen erzeugt, die dann zum Schlitz propagieren. Dort werden sie wieder in Licht umgewandelt, welches durch den Schlitz hindurchtreten kann und an der Rückseite des Goldfilms detektiert wird. Die Laufzeiten der Plasmonen variieren aufgrund der leichten Verkippung von Schlitz gegen Nut. Daher entsteht ein Interferenzmuster aus konstruktiver und destruktiver Überlagerung mit dem direkt durch den Schlitz transmittierten Licht. Da die Plasmonen bei der Propagation empfindlich auf Veränderungen im Metallfilm reagieren, eignen sie sich als guter Sensor. Unsere Kooperationspartner V. Temnov et al. benutzen diese Anordnung beispielsweise für ultraschnelle Anrege-Abfrage-Experimente, bei welchen ein Laserimpuls die Permittivität des Metalls beeinflusst [5]. Dies schlägt sich deutlich im Interferenzmuster nieder. In Mehrschichtsystemen aus Gold und Cobalt können die Plasmonen zudem durch Anlegen eines Magnetfelds manipuliert werden [6]. Die Schlitz-Nut-Mikrointerferometer werden in Zusammenarbeit mit V. Temnov von unserer Arbeitsgruppe hergestellt und charakterisiert. Dies geschieht durch das Ätzen mittels fokussierten Ionenstrahls, einer Technik die uns im Nanolabor der Universität Konstanz zur Verfügung steht. Der Ionenstrahl wird gezielt über den Metallfilm geführt und trägt dabei Material ab. Die Präzision liegt dabei im Bereich weniger Nanometer.
Referenzen
[1] J. Merlein, M. Kahl, A. Zuschlag, A. Sell, A. Halm, J. Boneberg, P. Leiderer, A. Leitenstorfer und R. Bratschitsch
"Nanomechanical control of an optical antenna"
Nature Photon. 2, 230 (2008)
[2] T. Hanke, J. Cesar, V. Knittel, U. Hohenester, A. Leitenstorfer und R. Bratschitsch
"Tailoring spatiotemporal light confinement in single plasmonic nanoantennas"
Nano Lett. 12, 992 (2012)
[3] G. Krauss, S. Lohss, T. Hanke, A. Sell, S. Eggert, R. Huber und A. Leitenstorfer
"Synthesis of a single cycle of light with compact erbium-doped fibre technology"
Nature Photon. 4, 33 (2010)
[4] T. Hanke, G. Krauss, D. Traeutlein, B. Wild, R. Bratschitsch und A. Leitenstorfer
"Efficient Nonlinear Light Emission of Single Gold Optical Antennas Driven by Few-Cycle Near-Infrared Pulses"
Phys. Rev. Lett. 103, 257404 (2009)
[5] V. V. Temnov, K. Nelson, G. Armelles, A. Cebollada, T. Thomay, A. Leitenstorfer und R. Bratschitsch
"Femtosecond surface plasmon interferometry"
Opt. Express 17, 8423 (2009)
[6] V. V. Temnov, G. Armelles, U. Woggon, D. Guzatov, A. Cebollada, A. Garcia-Martin, J.-M. Garcia-Martin, T. Thomay, A. Leitenstorfer und R. Bratschitsch
"Active magneto-plasmonics in hybrid metal–ferromagnet structures"
Nature Photon. 4, 107 (2010)